In weniger als sechs Wochen werde ich meine erste Triathlon-Mitteldistanz absolvieren. Der Juli sollte ein wichtiger Monat zur Vorbereitung mit langen Einheiten und einer Steigerung der Intensitäten sein. Ich hatte Lust mich auszupowern, an meine Grenzen zu gehen und in Bezug auf das Training noch eine Schippe draufzulegen – und dann kam doch alles anders als geplant.
39 bis 60 Stunden sah mein Trainingsplan im Juli vor, um mich fit für den Ironman 70.3 in Erkner zu machen, bei dem ich am 11. September an den Start gehen werde. Wie viele Stunden es tatsächlich waren, die ich im Wasser, auf dem Rad, in meinen Laufschuhen und im Fitnessstudio verbrachte, möchte ich nicht zusammenzählen, aber es waren weitaus weniger als gedacht.
Zwar kompensierte ich viele Einheiten mit alternativem Training in Form von Wandern in den norwegischen Bergen, die sehr fordernd waren und mir zu starken Beinen verhalfen, allerdings konnte ich mein restliches Training nicht so durchziehen wie ich es wollte. Aber eins nach dem anderen…
Alternativtraining aka Urlaub in Norwegen
Seit Anfang des Jahres greife ich auf einen Trainingsplan zurück. Er beinhaltet Schlüsseleinheiten, die ich zum Pflichtprogramm zähle, aber auch einige Joker-Einheiten. In der Regel ist die Motivation so groß, dass ich mir diese nicht entgehen lasse. Im Juli machte ich jedoch eine Ausnahme. Der Grund: eine zweieinhalbwöchige Tour durch Norwegen.
Faul auf der Haut liegen war im kühlen Norden keinesfalls angesagt. Anstatt mit Kreuzfahrtschiffen die Hotspots des Landes abzuklappern, reiste ich eineinhalb Wochen mit meiner Freundin im Van umher und verbrachte anschließend eine Woche alleine auf den Lofoten.
Immer im Fokus: fordernde Wanderungen, zum Beispiel auf dem Berggrat Romsdalseggen. Die Beine wurden nur selten geschont. Obwohl es kein spezifisches Triathlon-Training war, bin ich mir sicher, dass mich die Wanderungen meinem Ziel, die Mitteldistanz im September zu finishen, einen großen Schritt näherbrachten.
In den zweieinhalb Wochen schnürte ich elf Mal die Wanderstiefel. Mehr als 100 Kilometer in einer Zeit von ungefähr 50 Stunden waren das Resultat. Falls du glaubst, dass Wandern kein Ersatz für ein Ausdauertraining ist, dann warst du noch nie in Norwegen wandern. Hier geht es meist steil bergauf, wobei immer auch kleine Kletterpassagen enthalten sind. Einige Wanderungen absolvierte ich mit meinem vollgepackten Osprey Exos 48, sodass die mehr als zehn Kilogramm auf meinem Rücken für zusätzliche Trainingsreize sorgten.
Meinen Beinen wurde somit einiges abverlangt – rückblickend ein recht gutes Krafttraining. Koordinativ kam mir mein Norwegen-Trip ebenfalls zu Gute, ganz egal, ob am Klettersteig oder bei fordernden Aufstiegen auf schwierigem Terrain. Dreimal schnürte ich zudem meine La Sportiva Bushido II, in denen ich laufend die Gegend um den Geirangerfjord, Å und Svolvær näher unter die Lupe nahm.
Das Radfahren und Schwimmen kamen jedoch viel zu kurz. Mein Rennrad hatte ich nicht mit in den Hohen Norden genommen. Zu aufwändig wäre der Transport gewesen und wahrscheinlich hätte ich es bei den teilweise recht kühlen Temperaturen sowieso nicht benutzt. Kühl war es auch im Fjord von Åndalsnes. Hier sprang ich bei 12 Grad mit dem Neoprenanzug ins erfrischende Wasser. Immerhin brachte ich es auf ungefähr 750 Meter, bevor ich mit rotem Kopf und eiskalten Händen aus dem Wasser stieg.
Topmotiviert zurück und plötzlich Corona-Zwangspause
Ein schlechtes Gewissen in Norwegen nicht nach Plan trainiert zu haben, habe ich nicht. Mein Körper fühlt sich gut an, die Beine sind stark und ich habe das Gefühl durch all die Wanderungen sogar noch etwas drahtiger geworden zu sein. Ich fühlte mich gut als ich am Flughafen in Narvik ankam, um von dort meine Rückreise mit Zwischenstopps in Oslo und München anzutreten. Diese dauerte gut 24 Stunden, wobei an einen ruhigen Schlaf nicht zu denken war.
Zuhause angekommen machte sich ein fieser Schnupfen bemerkbar und meine Stimme kratzte ein wenig. Der Grund dafür war klar: die Klimaanlagen, denen ich all die vielen Stunden ausgesetzt war – dazu noch der fehlende Schlaf. Also kein Grund zur Sorge, sodass ich einen Tag später gutgelaunt eine Koppeleinheit mit 40 Kilometern auf dem Rad und 9 Kilometern beim Laufen absolvierte. Ein erfolgreicher Trainingstag, der durch den Folgetag noch getoppt werden sollte.
Im Trainingsplan standen ein kurzer Nüchternlauf (20 Minuten), eine Radeinheit von drei Stunden sowie lockeres Schwimmen über 30 Minuten am Abend. Ich war bereits umgezogen und startklar, da überlegte ich mir, einen Corona-Test zu machen. Einfach so, um sicher zu gehen, dass mein Klimaanlagenschnupfen tatsächlich einer war. Als Testergebnis wurden mir kurz darauf zwei Striche angezeigt. Ich war Corona positiv, bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr.
Ein weiterer Test versprach keine Besserung. Daher zog ich mich wieder um und legte mich trotzig auf das Sofa. Zwangspause, knapp sieben Wochen vor meiner ersten Mitteldistanz und zwei Wochen vor meiner ersten Olympischen Distanz beim Frankfurt City Triathlon. Dabei musste ich doch trainieren, um topfit an den Start gehen zu können. Erste Zweifel machten sich breit.
Die ersten sechs Tage nach meinem positiven Testergebnis verzichtete ich auf Ausdauersport. Lediglich leichte Übungen mit dem Fitnessband und ein bisschen Stretching machte ich, um meinem Körper ein paar Reize zu geben. Wann ich das letzte Mal sechs Tage nicht auf dem Rad, beim Laufen oder im Schwimmbad gewesen bin? Ich weiß es nicht.
Corona bestimmte meinen Trainingsalltag und anstatt bockig zu trainieren, gönnte ich mir die Pause, um kein Risiko einzugehen. Nach sechs Tagen machte ich mit Freunden eine Wanderung, einen Tag später fuhr ich 18 Kilometer gemütlich mit dem Rennrad. Immer im Blick: mein Puls, der glücklicherweise nicht nach oben schnellte und sich in einem fast normalen Bereich befand.
Es ging wieder bergauf, zumindest langsam, obwohl ich mich noch immer abgeschlagen fühle und wohl weiterhin erstmal mit angezogener Handbremse meine Leistungsfähigkeit antesten muss.
Im Positionspapier “Return to Sport” werden Empfehlungen gegeben, wann es sinnvoll ist, nach einer Corona-Infektion wieder in den Sport einzusteigen. Die zusammengefassten Empfehlungen findest du in einem lesenswerten Beitrag der Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin.
Die harten Fakten – mein Training im Juli
Das Training für den Ironman 70.3 in Erkner lief im vergangenen Monat suboptimal. Die Gründe kennst du bereits. Unterkriegen lasse ich mich davon nicht, da ich mir sicher bin, dass ich schnell wieder in Topform sein werde, sobald ich die Intensitäten steigern kann. Zudem glaube ich nicht, dass mich zweieinhalb Wochen Wandern in Norwegen zurückgeworfen haben. Ganz im Gegenteil.
Hier die nackten Zahlen, wie mein Training im Juli ausgesehen hat:
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Laufen: 49,97 km (5 Einheiten)
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Radfahren: 87,59 km (3 Einheiten)
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Schwimmen: 0,75 (1 Einheiten)
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Kraft: 2:00 Stunden (3 Einheiten)
Ich bin kein Fan von Vergleichen, da diese in der Regel der Nährboden von Unzufriedenheit sind. Um dir aufzuzeigen, wie unterschiedlich mein Trainingspensum im Juli im Vergleich zum Juni war, möchte ich dir dennoch ein paar Zahlen nennen. Anstatt 38 spezifische Trainingseinheiten brachte ich es im Juli lediglich auf zwölf. Beim Laufen war zwar nur ein Kilometer weniger als im Vormonat, beim Radfahren und beim Schwimmen allerdings jeweils 319 sowie 9,25 Kilometer – ein riesengroßer Unterschied.
Sich an den reinen Daten aufzuhängen, ist in meinem Fall sicherlich nicht förderlich. Die Frage ist, wie die 50 Stunden in Wanderschuhen zu bewerten sind. Vielleicht war der Juli also gar nicht so schlecht. Eventuell war mein Alternativprogramm in den norwegischen Bergen sogar mehr wert als Intervalle auf dem Rad zu absolvieren oder Kacheln im Schwimmbad zu zählen. Mir jedenfalls hat die Auszeit nicht geschadet. Dass kurz darauf die Corona-Pause kommt, ist natürlich ärgerlich, aber solche Dinge gehören nun mal zum Sport dazu.
Learning: Ein bisschen Abwechslung, um zwischendurch den Kopf frei zu bekommen und andere Muskelgruppen zu trainieren kann nur gut sein. Strikt die Einheiten aus dem Trainingsplan abzuhaken, ohne zwischendurch mal komplett etwas Anderes zu machen, ist doch recht öde.
… und was macht eigentlich das Sprunggelenk?
Im letzten Beitrag zum Projekt 70.3 hatte ich dir von meinen anhaltenden Problemen am Sprunggelenk erzählt. Eigentlich wollte ich dich hierzu mit neuen Informationen versorgen, hätte sich nicht die Besprechung meines MRT-Termins verschoben. Stand jetzt ist, dass nach einer weiteren Untersuchung keine langfristigen oder schwerwiegenden Schäden erkennbar sind, was mich zufrieden stimmt. Die Laufeinheiten, vor allem die langen im GA1-Bereich, werde ich weiter drosseln bis ich die endgültige Freigabe vom Doc bekomme.
Um den Fuß zu stützen und mir nicht gleich neue Laufschuhe zulegen zu müssen, greife ich bei meinen Läufen seit kurzem auf die Einlegesohlen von Currex zurück. Sie sollen meinem Fuß mehr Stabilität verleihen. Mein Fuß fühlt sich dadurch kräftiger an und ich fühle mich beim Auftreten noch sicherer. Ob die Sohlen ein Gamechanger für mich sind und ob dadurch die Schmerzen im Sprunggelenk und die Reizungen der Achillessehne verschwinden, verrate ich dir in meinem nächsten Update zum Projekt 70.3.
Wie du merkst, habe ich schon euphorischere Beiträge geschrieben. Kleine Rückschläge gehören nun mal dazu, denn nur so kann das Erreichte im Anschluss noch mehr genossen werden. Ich freue mich jedenfalls auf das, was kommt und bin guter Dinge, dass ich schon bald wieder in guter Form sein werde. Manchmal bedarf es einfach ein wenig Geduld.
Bist du auf dem Weg zu einem besonderen Meilenstein in deinem Sportlerleben? Vielleicht hast du dir mit der Mitteldistanz beim Triathlon ein ähnliches Ziel wie ich gesetzt. Oder stehst du kurz vor deiner ersten Jedermanndistanz und weißt noch nicht so recht, wie du diese angehen sollst? Dann hinterlasse gerne einen Kommentar. Ich freue mich auf den Austausch mit dir.
Titelbild: Marta Kulesza | inafarawayland.com