Die Geschichte ist Schuld daran, dass Rumänien sicher nicht den besten Ruf in Europa genießt. Die Gräueltaten eines gewissen Vlad Dracula und der Diktator Nicolae Ceaușescu haben nun mal ihre Spuren hinterlassen. Doch seit ich in der vergangenen Woche fünf Tage vornehmlich in Bukarest verbrachte, hat sich zumindest mein Bild von Rumänien geändert, denn das 20 Millionen Einwohner fassende Land ist einfach beeindruckend. Warum, verrate ich dir im Rückblick meines Kurztrips.
Bei der Tour nach Bukarest war ich nicht etwa alleine und mit dem Rucksack unterwegs, sondern insgesamt mit fünf weiteren Kumpanen und einem Jutebeutel als Handgepäck. Grund dafür war nicht nur der dadurch günstigere Flug mit der Fluggesellschaft Blue Air von Stuttgart für circa 120 Euro, sondern vielmehr das Verlangen danach, erstmals nicht am Gepäckband warten zu müssen.
Nach gut zwei Stunden Flug und einer kuriosen Taxifahrt ins Zentrum der Metropole, bezogen wir unsere Wohnung, die ich zuvor über Airbnb gebucht hatte. Von da an ließen wir uns von Bukarest treiben, denn ein wirkliches Ziel hatten wir nicht. Dafür aber das Bedürfnis, Bukarest sowie das Umland auf eigene Faust zu erkunden. Auch ein paar aus Rumänien stammende Bekannte standen uns mit Rat und Tat zur Seite, sodass ich zahlreiche positive Eindrücke von meinem ersten Rumänientrip mit nach Hause brachte.
Sehens- und Wissenswertes über Bukarest
Das Highlight Bukarests und zugleich das Wahrzeichen ist der mächtige Parlamentspalast. Dieser überstrahlt nicht nur die gesamte Stadt, sondern ist gleichzeitig das zweitgrößte Verwaltungsgebäude der Welt. Insgesamt 20.000 Arbeiter sollen beim Aufbau im Dreischichtbetrieb Tag und Nacht mitgewirkt haben, um die Vorstellungen des neosozialistischen Diktators Nicolae Ceaușescu zu realisieren. In Vollendung hat er den Parlamentspalast allerdings nie zu Gesicht bekommen.
Ceaușescu schien zudem ein ziemliches Faible für Paris gehabt zu haben. So hat er diverse Gebäude der französischen Hauptstadt nachbauen lassen. Neben einem Triumphbogen gibt es daher unter anderem auch die Straße Boulevard Unirii, die der Avenue des Champs-Élysées nachempfunden wurde, jedoch ganze 60 Meter länger ist. Nicht umsonst trägt Bukarest den Spitznamen “Paris des Ostens”.
Ganz besonders beeindruckt hat mich die historische Altstadt von Bukarest, deren restaurierte Fassaden und Bauwerke ebenso faszinierend wie die vielen Kneipen und Restaurants in den Gassen sind, die von der Dämmerung bis spät in die Nacht hinein vollgestopft mit Menschen sind. Ein pulsierendes Leben, das sich zwischen dem Platz der Vereinigung, dem Cismigiu-Park, der Nationaloper und dem Platz der Revolution abspielt.
Um garantiert keines der Highlights von Bukarest zu verpassen, kann ich dir bei einem Besuch die kostenlosen Walkabout Free Tours empfehlen, die täglich um 10.30 und 18 Uhr stattfinden. Trotz des zweistündigen Fußmarschs durch strömenden Regen habe ich von unserem Guide namens Tudor wichtige Informationen über die Stadt und rumänische Personen wie den gefürchteten “Pfähler” Vlad Drăculea gelernt.
Nightlife und Spezialitäten
Wie bereits angedeutet, ist die historische Altstadt ein wahres Paradies für alle Feierbiester. Eine Kneipe reiht sich an die andere. Unter anderem auch die sehenswerte Passage Macca-Villacrosse, bei der sich die Rumänen nach Feierabend auf eine Shisha treffen. Zudem gibt es zahlreiche Irish Pubs, was fast schon unheimlich ist. Ein Geheimtipp ist sicherlich das Bordello, das etwas seltsam klingen mag, aber ziemlich urig ist und einen ganz eigenen Flair versprüht.
Willst du es eher gemächlich angehen, dann ist auch das kein Problem, da die Altstadt gespickt mit tollen Restaurants ist. So zum Beispiel das Caru´cu bere, das nicht nur bayerisches Flair versprüht, sondern gleichzeitig die älteste Brauerei in Bukarest ist. Neben traditionellen Gerichten, wie der Ciorba de fasole oder deftigen Fleischsuppen, werden natürlich auch die rumänischen Schnäpse Țuică und Palinka angeboten. Diese solltest du aber mit Vorsicht genießen, da sie sehr hochprozentig sind.
Mit dem Bus nach Sinaia, Brasov und Schloss Bran
Während der fünf Tage stand neben Bukarest auch das Umland, also Teile der Walachei und Siebenbürgens auf dem Programm. Unbedingt sehenswert ist dabei die Kleinstadt Sinaia, die durch die das Schloss Peleș und das wenige Meter entfernte kleinere Schloss Pelișor Ruhm erlangte und früher als Sommerresidenzen der Königsfamilie und deren Besuch dienten.
Fünfzig Kilometer weiter entfernt liegt Brasov, zu deutsch Kronstadt. Die Stadt mit einer Viertel Millionen Einwohner gehört bereits zu Siebenbürgen und hat mich vor allem durch seinen großflächigen Markplatz und die umliegenden Gassen mit zahlreichen Restaurants gefesselt. Leider verbrachten wir in Kronstadt nicht allzu viel Zeit, doch der Spaziergang durch die Innenstadt und eine deftige Fleischsuppe hatten mich bereits nach kurzer Zeit verzaubert.
Das Hauptziel unserer Bustour war natürlich, wie sollte es auch anders sein, das Schloss Bran. Dass es sich hierbei nicht um das echte Schloss handelte, indem Vlad III. Drăculea, auch als Vlad Țepeș bekannt, seine furchtbaren Gräueltaten ausübte, wurde mir erst später bewusst. Nett anzuschauen war das Draculaschloss, das seinen Ruhm vielmehr durch den Roman Dracula von Bram Stokers erlangte und dadurch zu einer wahren Touristenhochburg mutierte, dennoch.
Home of Dracula. #castle #dracula #bran #transilvania #romania
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Mehr als positiv überrascht von Rumänien
Ein wirkliches Fazit über Rumänien kann und will ich nicht ziehen. Dafür war ich einfach viel zu kurz im Inland unterwegs. Doch die Dinge, die ich zu Gesicht bekam, haben mich mehr als positiv gestimmt, weshalb ich gerne wieder zurück komme. Dann hoffentlich mit einem voll bepackten Rucksack, der mir mehr Freiheit verschafft als ein kleiner Jutebeutel mit den notwendigsten Utensilien.
Über Bukarest erlaube ich mir aber durchaus ein Fazit zu ziehen, da ich in der letzten Woche schließlich die meiste Zeit in Rumäniens Hauptstadt verbrachte und viele geschichtsträchtige Sehenswürdigkeiten abgrasen durfte. Diese Stadt hat mich definitiv überrascht, woran meine marginalen Kenntnisse großen Anteil hatten. Saubere Straßen, restaurierte Fassaden und eine pulsierende Hauptstadt hatte ich ebenso wenig erwartet, wie die imposante Geschichte, die hinter all dem steckt.
Für ein langes Wochenende kann ich dir das Paris des Ostens nur wärmstens empfehlen. Auch du wirst positiv überrascht sein – da bin ich mir (fast) sicher.