Die Entspannung, die wir uns vom Besuch auf der Insel Ilha Grande erhofft hatten, haben wir die vergangenen Tage tatsächlich bekommen. Kein Wunder bei 106 Stränden und 155 Kilometern Küstenlinie. Mit dem Biergarten Hostel hatten wir zudem die bis dato beste Unterkunft – freundlich, sauber und ein ausgiebiges Frühstücksbuffet.
Auch wenn die Insel zum Relaxen einlädt, so war das Abendprogramm doch etwas zu mau. Zwar gab es auf dem kleinen Marktplatz in der Ortsmitte an zwei Abenden Live-Musik. Allerdings schwangen dort primär Pärchen und Familien ihre Hüften, anstatt feierwütigen Rucksacktouristen. Der Caipi schmeckte dennoch, was wir nicht zuletzt einem netten Brasilianer zu verdanken hatten, der uns bereits am zweiten Abend mit Handschlag begrüßte und sich stets wie ein Hongkuchenpferd über unseren Besuch freute.
Der zweite Inseltag begann mit einer Bootstour, die wir uns am Vortag von der ausgewanderten Österreicherin Dominque aufschwatzen lassen haben. Gemeinsam mit ihrem Freund Jeronimo, dessen Namen auch das Boot trägt, organisiert sie Touren rund um die Insel, die neben einem Barbecue und Besuchen an verschiedenen Stränden auch sportliche Aktivitäten wie Kajakfahren und Schnorcheln beinhalten. Absolut empfehlenswert, zumal man in einer kleinen Gruppe ist und die Strände (fast) für sich alleine hat.
Uns hat nicht nur das fleischreiche Barbecue auf Monkey Island außerordentlich gut geschmeckt. Auch am Schnorcheln und Kayaking hatten wir unseren Spaß, insbesondere bei der wunderschönen Kulisse, die sich uns bot. Dass wir auch noch einen selten anzutreffenden Tukan und eine Schildkröte bewundern durften, bevor wir bei Sonnenuntergang mit dem Boot zurück zum Hauptstrand tuckerten, machte den Tag perfekt.
Da wir großes Glück mit dem Wetter hatten, nutzen wir den dritten Tag auf Ilha Grande, um den Strand Lopes Mendes zu besuchen. Dieser gilt als einer der schönsten Strände der Welt und ist nur mit dem Boot, in unserem Fall einem abenteuerlichen Speedboat, und einer kurzen Wanderung zu erreichen. Was sich einem danach für ein Anblick bietet ist einfach nur genial – weicher Sand auf drei Kilometer verteilt.
Hatte ich André und Sebastian in der Vergangenheit immer wieder damit genervt, zumindest für einen Tag surfen gehen zu wollen, so konnte ich dies hier endlich in die Tat umsetzen, paddelte für eine Stunde durch das kristallklare Wasser und ließ mich von der ein oder anderen Welle ordentlich durchwaschen. Sebastian machte seine ersten Geh- beziehungsweise Stehversuche, schlug sich sehr beachtlich und fand durchaus Gefallen am Wellenreiten.
Weniger schön war das Wetter am darauffolgenden Tag, allerdings machte uns das nicht allzu viel aus, da wir eine Wanderung zum Pico do Papageio (982m) angestrebt hatten. Dass wir den Gipfel nicht erreichen würden, wussten wir bei unserem ausgiebigen Frühstück im Hostel zu früher Stunde noch nicht.
Insgesamt anderthalb Stunden waren wir auf einem stets nach oben führenden und mit Wurzeln, Steinen und querliegenden Baumstämmem bestückten Pfad unterwegs. Selbst das entlanghangeln an einem Seil war zwar anstrengend, stellte sich aber nicht als Problem dar. Als wir dann aber plötzlich seltsame Laute, die zuerst wie ein Hornissenschwarm und später wie ein Rudel wilder Tiere klangen, hörten, wurde es uns mulmig.
Nach kurzen Überlegungen beschlossen wir wenige Meter vor dem Ziel umzukehren. Unser Stolz war gebrochen. Als Vorsichtsmaßnahme warnten wir noch drei Amerikanerinnen, die uns wenig später entgegen kamen. Dass wir nach der Ankunft im Hostel und einer Internetrecherche belehrt wurden, dass es keine wilden Tiere auf der Insel geben würde und die Geräusche höchstwahrscheinlich vom Wind kamen, war dann doch etwas peinlich.
Für den Rest des Tages hofften Sebastian und ich nur, dass wir beiden Angsthasen den drei Mädels, die es sicherlich bis zum Gipfel geschafft hatten, nicht mehr begegnen würden. Die Flucht zu einen Strand mit schwarzem Sand, auf dem wir eine Runde mit einem Amerikaner kickten, war dafür die beste Option. Ihm haben wir zugleich unseren treuen Begleiter – den Fußball – hinterlassen, da wir ihn für den Rest des Trips nicht mehr brauchen werden. Danke für die vielen Tritte, die du über dich ergehen lassen musstest.
Nachmittags stand mit dem Halbfinale der Deutschen natürlich das absolute Highlight an.Nach einem heftigen Regenschauer machten wir es uns ausnahmsweise mal nicht Stadion, sondern vor einer Leinwand am kleinen Marktplatz im Dorfinneren gemütlich. Ein paar wenige Deutsche waren ebenfalls vor Ort, sodass wir zusammen mit zwei Berlinern eine überschaubare Fankurve gründen konnten.
Was sich dann auf dem Rasen in Belo Horizonte abspielte, machte uns fassungslos. Jubelten wir bei den ersten beiden Toren noch ausgelassen, so verstummten wir nach jedem weiteren ein bisschen mehr, um Provokationen zu vermeiden. Während der Halbzeitpause im Hostel riet man uns gar, die Trikots auszuziehen, um Ärger mit aufgebrachten Brasilianern zu vermeiden. Natürlich befolgten wir diesen gutgemeinten Rat nicht.
Nachdem das Spiel zu Ende war, konnten wir unseren Augen noch immer nicht trauen. 7:1 gegen den Gastgeber Brasilien. Wahnsinn! Einige wenige Einheimische schüttelten uns die Hände, luden uns zu Bier und Garnelen ein, machten Fotos mit uns und feierten uns als hätten wir gerade selbst gespielt und ihr Heimatland besiegt.
Wir waren nicht böse darum, dass wir das Spiel auf einer kleinen Insel schauen “mussten“. Ganz im Gegenteil, denn anders als zum Beispiel an der Copacana ging es hier friedlich zu und so zogen wir Deutsche (ca. 10) mit lauten Fangesängen durch die Gassen und ließen einen überaus erfolgreichen Spieltag in einer Bar ausklingen. Wir sind im Finale!
Und während uns gerade der Bus auf dem Weg nach Paraty ordentlich durchschüttelt, haben wir beide noch immer ein leichtes Dauergrinsen im Gesicht, auch wenn sich unser Trip langsam aber sicher dem Ende entgegen neigt.
Viele Grüße in die Heimat.