Er ist das Wahrzeichen Sloweniens: der Triglav. Daher war eine Besteigung auf den höchsten Berg des Landes während meiner zwei Wochen in Slowenien unerlässlich. Dass eine solche bei Schnee jedoch alles andere als ein Kinderspiel sein kann, zeige ich dir in meinem Triglav-Special auf, in dem ich dir nicht nur meine Erfahrungen schildere, sondern dir ein paar wichtige Tipps mit auf den Weg (zum Gipfel) gebe.
Der Triglav, der übersetzt “Dreihaupt” bedeutet, ist so etwas wie der Heilige Berg der Slowenen. Zumindest wird jedem, der in Slowenien geboren wurde, nahegelegt, einmal im Leben den massiven Felsen aus Kalkstein zu besteigen.
Von slowenischen Wurzeln gibt es bei mir zwar keine Spuren, allerdings zeigte sich auch bei mir eine gewisse Faszination für den Triglav als er sich mit seinen 2.864 Metern das erste Mal vor mir – zumindest visuell – auf meinem Notebook-Bildschirm aufbaute. Eine beeindruckende Kulisse, wobei der schmale Grat auf dem Gipfel bereits aus der Ferne für gehörig Nervenkitzel sorgte. Dass dieser Wochen später bei meinem realen Trip weitaus intensiver sein würde, war mir damals noch nicht bewusst.
Ein hartnäckiger Bursche, dieser Triglav
Bei Wanderern und Bergsteigern gilt der Triglav bei guten Wetterbedingungen und mit der richtigen Ausrüstung als einfach zu besteigen. Einige Slowenen nehmen dabei gar das Wort “kinderleicht” in den Mund.

Bei Schnee, Eis und verheerenden Winden ist jedoch das Gegenteil der Fall. In den vergangenen Jahrzehnten hat der Berg viele Todesopfer gefordert. Das wird vor allem am Klettersteig unterhalb des Gipfels deutlich, wo dir beim Aufstieg in regelmäßigen Abständen demotivierende Gedenktafeln ins Auge springen.
Abschrecken lassen solltest du dich davon nicht, schließlich ist der Triglav nicht umsonst das slowenische Wahrzeichen, längst in die weiß-blau-rote Nationalflagge integriert und die Hauptattraktion des kleinen Landes. Die Slowenen lieben ihren Berg, weshalb er seit der Erstbesteigung am 26. August 1778 zu einer wahren Pilgerstätte mutiert ist.
Im Fokus steht beim Erklimmen das raketenförmige Metallgebilde Aljažev stolp, das viele Gipfelstürmer für ein Beweisfoto ihrer erfolgreichen Besteigung heranziehen. Eigentlich dient es seit dem Jahr 1895 Bergsteigern dazu, kurzzeitigen Unterschlupf bei plötzlich auftretenden Winden zu finden. Es ist schließlich keine Seltenheit, dass der Triglav binnen weniger Minuten in einem Wolken- oder Nebelmeer verschwindet und urplötzlich wieder auftaucht.
Die Besteigung des Triglavs im “Winter”
Mein ganz persönliches Triglav-Abenteuer fand im Mai gemeinsam mit einem guten Freund statt, mit dem ich im vergangenen Jahr auch schon eine Städtetour nach Riga und einen Ungarn-Roadtrip absolviert hatte. Ein eingespieltes Team, das diesmal bitter nötig war, da im Nationalpark noch immer winterliche Bedingungen vorherrschten.

Wilde Stürme und Lawinenabgänge hatten ihre Spuren hinterlassen. Bäume versperrten teilweise die bis dato offiziell nicht geöffneten Trails und Schneefelder sorgten dafür, dass Sicherungsseile und Wandermarkierungen gar nicht erst sichtbar waren. Ohne Eispickel war daher oftmals kein sicheres Vorankommen möglich.
Die Route: Von Rudno Polje auf den höchsten Berg Sloweniens
Nachdem wir uns dreimal in zwei verschiedenen Tourismusbüros über die Bedingungen erkundigt hatten, skeptische Blicke der erfahrenen Angestellten ernteten und man uns mehrfach “Viel Glück” wünschte, stand unsere zweitägige Route mit Unterkunft im Nachtlager der Kredaricahütte fest:
Rudno Polje ➔ Studorski ➔ Triglavski dom na Kredarici ➔ Triglav
Im Winter gilt der Aufstieg vom Krma-Tal aus zwar als die leichteste und sicherste Route, sie ist allerdings auch die längste Strecke. Da unser Zeitfenster auf Grund der Wettervorhersagen begrenzt war, wählten wir den großen Parkplatz des Biathlonstadions am Hotel Center Pokljuka als Ausgangspunkt und schlugen den vermeintlich kürzesten begehbaren Weg ein.
Die erste Belohnung: der Ausblick vom Studorski
Vom Hotelparkplatz aus ging es um 5:40 Uhr einen gut ausgebauten Weg durch einen der zahlreichen Wälder Sloweniens, in denen sich auch heute noch 500 bis 700 Braunbären tummeln. Außer Bäumen war anfangs noch nicht viel zu sehen, doch das erste Highlight der laut Plan sechsstündigen Tour sollte nach zwei Stunden der Berg Studorski sein.

Die letzten vierhundert Meter auf den Gipfel des 1.892 Meter hohen Berges waren jedoch komplett von Schnee bedeckt. Der Eispickel war gefordert und die ersten Schweißperlen flossen nach wenigen Schritten über die Stirn die Wangen hinunter.
Die Belohnung für unsere Mühen gab es ganz oben, wo sich uns zur anderen Seite über den Nebelschwaden hinweg ein unfassbares Bergpanorama bot.
Berglandschaften wie gemalt
Nach einer kurzen Pause wanderten wir auf eigentlich gut ausgebauten Pfaden, die vom Winter etwas in Mitleidenschaft gezogen wurden, bei blauem Himmel weiter Richtung Triglav. Dessen Anblick blieb uns vorerst verwehrt, was die Spannung steigerte.
Gut eine Stunde wanderten wir in einer langgezogenen Rechtskurve bei strahlendem Sonnenschein Richtung Vodnikov Dom. Bevor wir diese erreichten, tauchten langsam massive, schneebedeckte Felsen auf, die sich von einem Hochplateau imposant in den Himmel bewegten.

Wenig später bekamen wir endlich den Triglav zu Gesicht, der uns auf Grund seiner Erscheinung verstummen ließ. In diesem Augenblick wurde uns bewusst, dass die nunmehr letzten drei der insgesamt 13 Kilometer kein Kinderspiel werden würden. Der Respekt war riesig, doch so nah am Ziel wollten wir nicht mehr umkehren.
Wir wussten zu diesem Zeitpunkt noch nicht, wie anstrengend der Aufstieg zur Kredaricahütte, unserem Nachtlager, tatsächlich werden würde.
Ein kräftezehrender Aufstieg zum Triglavski dom na Kredarici
Nach einer Pause, in der wir unseren Energietank mit Süßigkeiten, slowenischer Wurst und Flüssigkeiten auffüllten, standen uns steile, teils von meterhohem Schnee bedeckte Passagen bevor. Sicherungsseile waren ebenso von Lawinen und Schnee verdeckt, wie die nicht ganz unwichtigen Wandermarkierungen, die uns den Weg weisen sollten.

Der Eispickel wurde von da an zu einem hilfreichen Begleiter, da manche Wege nicht ohne ihn bewältigt werden konnten. Andernfalls wäre die Gefahr an den teils steilen Abhängen ins Tal abzurutschen zu groß gewesen. Von da an hatten wir unser Abenteuer. Auf einige Augenblicke hätten wir aber durchaus verzichten können.
Die Verschnaufpausen vermehrten sich und zogen sich in die Länge, sodass wir für den letzten Streckenabschnitt (3,5 km) mehr als drei Stunden benötigten. Gesprochen wurde in dieser Zeit nur, um nachzuhaken, ob beim anderen alles in Ordnung sei. Das Team funktionierte weiterhin, wenn auch schweigend.
Nach insgesamt 6,5 Stunden erblickten wir ziemlich ausgelaugt die Kredaricahütte. Einige wenige Bergsteiger und Wanderer waren bereits vor Ort und warfen uns ein kurzes Lächeln zu, das uns als Bestätigung reichte und uns zufrieden stimmte.
Die letzte Etappe: Auf dem Klettersteig (fast) zum Gipfel
Der Triglavturm Aljažev stolp und damit der höchste Punkt Sloweniens ist von der Kredericahütte (auch Triglavhaus) lediglich über Sicherungsseile zu erreichen. Vom Mali Triglav, dem “Kleinen Triglav” geht es oben angekommen schließlich über einen schmalen Grat zum “Großen Triglav”.

Der Aufstieg gilt bei guten Bedingungen, wie bereits erwähnt, als kinderleicht. Der Klettersteig ist mit zahlreichen Eisenklammern und Haltebolzen gut abgesichert und mit Klettergurt, Helm und einer guten Oberschenkelmuskulatur problemlos überwindbar. Dennoch kamen wir hier auf Grund des Schnees an unsere Grenzen.
So bekam ich kurz vor dem Gipfel des Mali Triglav weiche Knie, als kein Sicherungsseil mehr zu erkennen war. Auf gut Glück, ganz ohne Spikes, wollte ich nicht über den schmalen Grat spazieren. Die 500 Meter, die es rechts und links nach unten ging, waren doch ziemlich furchteinflößend.
Niedergeschlagen, aber auch zufrieden, die richtige Entscheidung getroffen zu haben, trat ich den Rückweg an. Mein Bergsteiger-Buddy entschloss sich einige Minuten später und ein paar Meter weiter oben, ebenfalls umzukehren. Ohne zusätzliche Sicherung machte es einfach keinen Sinn und auf künftige Gedenktafeln von uns beiden konnten wir gut und gerne verzichten.
Das Nachtlager im Triglavhaus
Bei einem Bier zum Sonnenuntergang ließen wir vor der Kredericahütte unseren Aufstieg Revue passieren und blickten dabei stets ehrfürchtig auf die drei Spitzen des Triglavs. Zeitweise verschwanden diese komplett in den Wolken, um kurz darauf – gefühlt – noch mächtiger als zuvor aufzutauchen.

Das Triglavhaus ist der ideale Ausgangspunkt, um sich mit Klettergurt zu bewaffnen und sich auf den Klettersteig zu begeben, der nur einen Steinwurf entfernt liegt. Neben einer kleinen Kapelle, der Kapela Marije Snežne na Kredarici (übersetzt: Kapelle unserer lieben Frau vom Schnee) gibt es auf dem kleinen Plateau eine Wetterstation, die über den Winter von einem Meteorologen genutzt wird.
Da dieser bei unserem Aufenthalt ebenfalls vor Ort war, durften wir uns über einen warmen Aufenthaltsraum und Verköstigung in Form von Kaltgetränken und Kaffee freuen. Für einen Obulus von 10,50 Euro inklusive Übernachtung nahmen wir diesen Service dankend an.
Normalerweise stellt in den Wintermonaten lediglich eine der Hütten rund um den Triglav ein Winterlager bereit, das ausschließlich aus Betten und Decken besteht. Für die Verpflegung ist jeder Wanderer selbst verantwortlich. Im Sommer kann es auf den Hütten, vor allem dem Triglavhaus, sehr voll werden.
Auf die richtige Ausrüstung kommt es an
Es ist kein Geheimnis, dass die Ausrüstung beim Wandern und Bergsteigen oberste Priorität hat. Vor allem in den winterlichen Monaten im Triglav-Nationalpark gibt es einige Helferlein, die du unbedingt mit dir führen solltest, wie zum Beispiel:
✓ Eispickel für einen festen Stand im Schnee bei steilen Passagen
✓ Klettergurt um über den Klettersteig auf den Gipfel zu gelangen
✓ Wanderschuhe mit denen du einen festen Stand hast
✓ Spikes, die dich bei Eis vor dem Abrutschen sichern
✓ Helm, der dich bei Stürzen oder vor Steinschlägen schützt
✓ Handschuhe für die Stahlseile, die auf der Route angebracht sind
Auf Spikes hatten wir bei unserer Tour von Rudno Polje auf den Triglav gänzlich verzichtet, da es zwar noch eine Menge Schnee gab, die Temperaturen aber nicht dazu führten, das es viele eisige Stellen gab. Der Eispickel reichte damit vollkommen aus, zumal wir mit den Spikes ständig das Schuhwerk hätten wechseln müssen, da es zwischendurch auch immer längere Passagen auf felsigem Untergrund gab.
Mein Tipp: Erkundige dich vorher in den Touristenzentren, welche Ausrüstung von Nöten sein wird. Wir haben unsere Ausrüstung sowie weitere wertvolle und vor allem ehrliche Tipps vom Betreiber eines kleinen Shops am See Bohinjsko jezero (siehe Google Maps) bekommen.
Weitere Tipps für deinen Triglav-Aufstieg
Bevor du deine Wanderschuhe schnürst, die Trinkblase mit Wasser füllst und die Wanderkarte verstaust, um kurz darauf die ersten Schritte zum Triglav zu gehen, habe ich noch ein paar Tipps für dich:
- Erkundige dich im Vorhinein bei den Touristenzentren, wie die Beschaffenheit der Trails ist, ob irgendwelche Gefahren lauern und wie die Aussichten auf das Wetter sind.
- Überlege dir, welches Equipment du überhaupt brauchst.
- Denke daran, dass du als trainierter Wanderer höchstens 20 bis 25 Prozent deines eigenen Körpergewichts tragen solltest.
- Lege während deiner Wanderungen mehrere Pausen ein, um deinen Energiehaushalt aufzufüllen. Studentenfutter, Bananen und Schokoriegel geben mir oftmals die meiste Power.
- Statte dich mit einer guten Wanderkarte aus und verwende zusätzlich die Smartphone-App OsmAnd. Letztere war für uns von großer Bedeutung als zeitweise keine Wandermarkierungen mehr zu erkennen waren.
Tipps speziell für die Wintersaison:
- In der Wintersaison solltest du vorab nachhaken, welche Hütte ein Winterlager bereitstellt. Meist hat nur eine Hütte geöffnet, sodass es ziemlich doof wäre, auf mehr als 2.000 Metern plötzlich vor verschlossenen Türen zu stehen.
- Packe dir genügend Getränke und Nahrung ein, sofern du in einem der Winterlager übernachtest.
- Um der Langeweile im Nachtlager vorzubeugen, solltest du Spielkarten oder einen E-Reader mitnehmen.
- Mache dich mit deinem Equipment, zum Beispiel Eispickel, Klettergurt und Spikes, vertraut, damit du weißt, wie diese im alpinen Gelände eingesetzt werden.
- Überschätze deine eigenen Fähigkeiten nicht. Stelle dir die folgende Frage: Was kannst du (Erfahrung) und was traust du dir zu (Physis)?
Abschließend empfehle ich dir, jeden einzelnen Moment der unberührten Berglandschaft auf dem Weg zum Triglav zu genießen. Unsere Tour mit Rudno Polje als Startpunkt war traumhaft, obwohl wir uns zwischendurch der ein oder anderen Herausforderung stellen mussten und an manchen Stellen vor lauter Respekt vielleicht sogar etwas Pipi in den Augen hatten.
Ein nachhaltiges Erlebnis
Der Triglav hat etwas mit mir gemacht. Was genau kann ich dir nicht sagen. Vielleicht ist es die Ehrfurcht vor und die Faszination für die Berge, die er noch stärker in mir wachsen ließ. So wollte mich Sloweniens Wahrzeichen auch Nächte nach unserer zweitägigen Tour in meinen Träumen noch immer nicht so recht loslassen.
Dass es mit dem Erreichen des Gipfels nicht ganz geklappt hat und wir wenige Meter davor kapitulieren mussten, ist gewiss ärgerlich. Um es positiv zu sehen: es gibt einen Grund, irgendwann zum Triglav zurückzukehren und die letzten Meter bis zur raketenförmigen “Metalldose” zu bewältigen.
Dann aber wohl eher im Sommer, wenn die Trails offiziell begehbar sind. Schließlich soll die Besteigung gerade in den warmen Monaten des Jahres “kinderleicht” sein – aber das erwähnte ich ja bereits mehrfach.